Trommeln – Teppich – Tacheles

Ein Monat ist vergangen, seitdem unsere 3-köpfige Reisegruppe mit Kerstin, Friedrich und Ecki von der Region Mulanje, den Schulen, dem Malawi-See Abschied nehmen musste. Kerstin, unsere Novizin in dieser Gruppe, erzählt uns in diesem Artikel noch einmal ausführlich* von dem Erlebnis der Reise, dass sie am allermeisten beeindruckt hat.

* wir hatten diesen Tag der Reise bereits kurz in Kerstins Reisetagebuch erwähnt

Alle Kinder nahmen ihre Beine in die Hand und eilten uns im Laufschritt entgegen!

Wie wir von den Schülerinnen und Schülern der Nsamjama-Schule in Empfang genommen wurden, das hat mich während der Reise am allermeisten beeindruckt! Es war eine unglaubliche Menge, denn dort gehen ca. 1100 Kinder zur Schule. Uns kam es so vor als ob tatsächlich alle Kinder, in dem Moment als sie uns mit dem Geländewagen kommen sahen, die Beine in die Hand nahmen und uns im Laufschritt entgegeneilten.

Kerstin wird umringt von tanzenden und singenden Kindern.

Eine bisher nie gefühlte Woge der Begeisterung fachte auf und wollte kein Ende nehmen. Friedrich und ich stiegen aus dem Wagen aus und warfen uns in die Menge, so konnte Ecki uns langsam folgend den Wagen bis zur Schule manövrieren. Ich hatte richtig Herzklopfen, zum ersten Mal im Leben in einer so großen Menschenmenge aufgenommen zu werden, ohne zu wissen, was als Nächstes passiert.

Und schon ging es weiter. Zwei Schüler, ausgestattet mit Trommeln kamen näher und im Takt der schlagenden Trommelstöcke wurde laut gesungen und getanzt. Sie tanzten um mich herum. Zwischen ihren landssprachlichen (Chichewa) Gesängen klang immer wieder ‚welcome‘ ‚welcome‘ heraus.

Brisanter Nebeneffekt war, dass bei der ganzen Aktion unglaublich viel roter Staub des trockenen Bodens aufgewirbelt wurde und es zeitweise enorm schwierig war, klare Luft einzuatmen. Nachdem dann auch die Lehrer begannen, mitzutanzen, griff Ecki plötzlich nach einer der Trommeln und spielte sein musikalisches Talent aus … unter lautem Gejohle und im Rhytmus der Menge.

Auf dem Likuni-Phala-Sack-Teppich lässt es sich doch besser lernen als auf dem Lehmboden.

Angekommen an den Schulgebäuden wurden uns als erstes die Klassenzimmer gezeigt. Sichtlich stolz präsentierte uns ein Lehrer seine Idee, den Kindern trotz fehlender Schulmöbel ein Minimum an Komfort zu bieten. Aus leeren Likuni-Phala-Säcken wurde ein großer ‚Teppich‘ genäht, der den Schulboden bedeckt und die Kinder so beim Unterricht zumindest nicht auf den nackten lehmigen Böden sitzen müssen. Die Kinder fanden es toll, als Friedrich sich zum Probesitzen auf den Boden niederließ.

Inspizierung der Küchengebäude – hier das Kochhaus

Als nächstes inspizierten wir das Küchengebäude. Dort angekommen wurde einerseits eine Liste mit dringend benötigten neuen Kochutensilien aufgestellt. Viel tragischer fiel direkt danach die Besichtigung des Küchenlagers aus. Entsetzt mussten wir feststellen, dass nicht ein Sack Likuni Phala bevorratet war.

Das Lager für die Likuni-Phala-Säcke fanden wir leer vor.

Jetzt war ‚Tacheles reden‘ gefragt. Auf die Frage, wie es den zu dieser verheerenden Situation kommen konnte, war keine schlüssige Antwort von Seiten der Lehrerschaft zu ermitteln. Dies zeigt ein immer wiederkehrendes Problem bei der Organisation der Schulspeisung auf: den Bedarf und den Nachschub zeitgerecht zu kommunizieren. Jedenfalls organisierten wir sofort nach Bekanntwerden des Nachschubproblems noch vor Ort die beschleunigte Lieferung des so dringend erwarteten Maismehls.

Leerer Speiseraum – gewöhnlich wird in diesem Gebäude morgens um 8 Uhr der frisch gekochte Maisbrei an die Kinder verteilt

Im Nachhinein erfuhren wir, dass immerhin nach zwei Tagen der Bestand im Lager aufgefüllt werden konnte. Zwei Tage, schnell unter den örtlichen Bedingungen, trotzdem aber weitere zwei Tage Hunger für die Kinder. Unter dem Aspekt, dass die Kinder wissen, dass wir im Grunde genommen verantwortlich sind für die Lieferungen, ist es um so bemerkenswerter, dass wir bei Ankunft an der Schule so begeisternd begrüßt wurden.

Tragische Anekdote zum Schluss: Direkt nach Besichtigung der Schule wurde uns im Lehrerzimmer Reis mit Tomatensauce und Hühnchen gereicht. Habe ich mich geschämt zuzugreifen! Mir ist es so schwergefallen, nach dem zuvor Erlebten auch nur ein Bissen runter zu kriegen.

In dieser Situation wurde mir jedenfalls noch einmal viel bewusster, wie wichtig es ist, einmal im Jahr vor Ort zu sein und wie sehr diese Kinder und auch Erwachsenen unsere Unterstützung und Spenden brauchen.